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HOLGER CZUKAY – CINEMA
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Am 24. März 2018 wäre Holger Czukay 80 Jahre alt geworden. Die
Vinylbox "Cinema", die auf fünf Schallplatten assoziativ
Holgers fast 60 Jahre währende musikalische Karriere nachzeichnet, war
dementsprechend nicht nur als Retrospektive gedacht, sondern auch als
Geburtstagsgeschenk, als Ehrung, als Dankeschön. Am 05. September 2017
jedoch stirbt Holger Czukay in seinem Kino in Weilerswist (Köln), dem
alten Innerspace-Studio von Can, das er seit den 1970er-Jahren bewohnt,
inmitten seiner Instrumente. Er wird neben seiner nur wenige Wochen zuvor nach
langer Krankheit verstorbenen Frau Ursula Schüring (geb. Kloss, aka
U-She/Ursa Major) begraben, schräg gegenüber liegt sein Freund und
musikalischer Begleiter seit Can-Tagen, Jaki Liebezeit (†2017). Es finden so
gleich mehrere musikalische Urgesteine auf dem Kölner Melaten-Friedhof
ihre letzte Ruhestätte, ganz nah beieinander.
Der Titel "Cinema" kommt dabei nicht von ungefähr, Holger hat ihn sich so
gewünscht, war seine musikalische Arbeit doch stets mit dem Kino
verbunden. Und Holger verfolgte diese Leidenschaft konsequent, der Film
"Krieg der Töne" von Michael Meert aus dem Jahre 1988, den er
vertonte und in dem er gleich auch noch die Hauptrolle übernahm, liegt
der Vinylbox exklusiv auf DVD bei. Bei aller Fiktionalisierung basiert dieses
"Videomusical" doch auf vielen biographischen als auch musikalischen
Elementen von Czukay. Meert, der schon in anderen Filmen Musik von Czukay
verwendet hatte, gelang es Holgers Spirit in eine einfache, komö
diantische Geschichte zu kleiden, ohne die kreativen Elemente zu vergessen,
die sich in Videoclips an den Stellen wiederfinden, wo im traditionellen
Musical eines Kurt Weill die Songs angesiedelt sind.
Die visuelle Musik Holger Czukays, fußend auf seiner meisterhaften analogen Schnitttechnik,
hat ihn nicht nur international zu einer Legende gemacht, sondern auch
Einfluss auf große Teile der elaborierteren Musikwelt genommen. Zu seinen
Bewunderern gehören internationale Größen wie Sonic Youth, Radiohead
und Geoff Barrow. Blurs Damon Albarn hat von Czukay gar die Idee zu seiner
virtuellen Band Gorillaz gestiftet bekommen. Der stets zu Scherzen aufgelegte
Musiker war eine Leitfigur der kreativen Soundbastler. Mit sicherem Gespür
für eingängige Rhythmen und Melodien bewegte er sich, 1938 als
Holger Schüring in Danzig geboren, stets jenseits der ausgetretenen Pfade,
schuf seine eigene klangliche Signatur, einen oft verschmitzten Holger-Sound,
den man in seinen Arbeiten mit den Eurythmics, S.Y.P.H., den Bläck Fööss,
The Edge von U2, der Zeltinger Band oder auf Platten mit David
Sylvian genauso wiederfindet wie im Katalog seiner Band Can.
Foto: Michael Meert / DVD
Krieg der Töne - Fernsehspiel 1988 (ZDF)
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