General Anzeiger Bonn
19. September 2007
"Eine Jugend in Bonn"
Beethovenfest: Michael Meerts Film
"Der junge Beethoven"
Von Mathias Nofze
Verwundert blickt der Besucher umher. "Das soll ich sein?", fragt sich Ludwig van Beethoven amüsiert, als er die Büsten im Innenhof seines Geburtshauses erblickt. Ein Film macht möglich, was in der Wirklichkeit ausblieb: Der größte Sohn Bonns kehrt in die Stadt zurück, die er mit zweiundzwanzig Jahren Richtung Wien verließ.
In "Der junge Beethoven" schildert Regisseur Michael Meert die Kindheit und die Jugend Beethovens in einer Mischung aus Fiktion und Dokumentation. Wobei es ihm gelungen sei, anders als in zahlreichen Kitsch-Versionen, "Dichtung und Wahrheit klar auseinander zuhalten", wie Andreas Eckhardt, Direktor des Beethoven-Hauses im Kammermusiksaal betonte.
Dort wurde der vom WDR in enger Zusammenarbeit mit dem Beethoven-Haus produzierte Film im Rahmen des Filmprogramms "Look at Beethoven" beim Beethovenfest gezeigt. Bonn als Beethovenstadt zu legitimieren, sei ein Hauptanliegen des Films, hob Eckhardt hervor. Schließlich habe sich das musikalische Talent Beethovens schon am Rhein breit entfalten können.
Einen kurzen Ausflug nach Flamen unternimmt der Betrachter zu Beginn. Beethoven selbst erzählt über Mechelen, die Heimatstadt seines Großvaters Ludwig, der 1733 als Bassist in die Kurfürstliche Kapelle nach Bonn wechselte. In der Residenzstadt machte der talentierte kleine Ludwig bald auf sich aufmerksam. Die Versuche des Vaters, seinen Sohn als zweiten Mozart zu vermarkten, scheiterten allerdings.
Im Film wird der Vater Johann überzeugend als mürrischer, vom Leben enttäuschter Mann in Szene gesetzt. Bewusst verzichtet Meert in den fiktionalen Passagen auf detailliertes szenisches Spiel und gesprochenes Wort. Das bleibt dem Erzähler vorbehalten.
Die Faktenlage schließlich wird von wissenschaftlichen Mitarbeitern des Beethoven-Hauses geschildert. Die Lektorin Margot Wetzstein etwa macht auf die Bedeutung der Erinnerungen des Bäckermeisters Fischer aufmerksam, in dessen Haus die Beethovens eine Zeit lang gewohnt haben.
Das in Bonn herrschende Klima der Aufklärung, Beethovens schwierige Aufgabe als erst 16-jähriges Familienoberhaupt, seine soziale Stellung als Mitglied der Hofkapelle, das Haus der Familie von Breuning als "emotionale Heimat" und anderes mehr wird kompetent erläutert, während die Kamera die Remigiuskirche, das Rheinufer oder das Siebengebirge ins Bild setzt.
Und wenn der Teenager Beethoven (gespielt von Gabriel Denhoff) der Tochter von Breuning Klavierunterricht gibt, spürt man es auch ohne Worte ein bisschen knistern. Musikalisch unterlegt wird der Film von Ausschnitten aus Bonner Kompositionen Beethovens, zum Teil in reizvollen Arrangements von Loek Dikker. Und manchmal meldet sich Beethoven aus dem Off auch auf "Bönnsch" zu Wort.
Die DVD "Der junge Beethoven", zweifellos auch für Schulen geeignet, ist im Shop des Beethoven-Hauses erhältlich.
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